Block > A Cat’s Biggest Enemy
7 min (1395 Wörter, 7285 Zeichen)
Inhaltsverzeichnis
Nach fast 7 (!) Jahren der naechste Gastbeitrag von Jack/jack-pictures.
Vielen Dank 😊
Zusammenfassung #
Ein Ausschnitt aus dem Leben einer kleinen Katze, die noch darauf wartet, die große weite Welt zu entdecken und sich vorerst mit ihren Abenteuern auf die häuslichen Räumen ihrer neuen Heimat begnügt.
Der grüne Dröhner #
Eigentlich muss ich sagen, dass mein neues Zuhause sich um einiges von meinem alten unterscheidet.
Zwar dachte ich, meine Geschwister und diese beiden Adoptivkinder (ich habe nie verstanden, was ihre lauten Aufschreie oder ihre seltsamen Gesten ausdrücken wollten …) würden mir fehlen, aber allein der Raum, der mir hier zur Verfügung steht, ist fantastisch. Hier gibt es immer wieder neue Wände, die ich einfach so aufschieben kann … und dahinter wartet schon das nächste Abenteuer! Also muss ich - vielleicht zu meiner Schande - gestehen, dass ich kaum noch Gedanken an meine alte Familie verliere.
Egal, ich wollte euch aber von einem meiner Abenteuer erzählen:
Wie gesagt, hier erlebt man so einiges. Zwar sind meine neuen
Familienmitglieder stets darum bemüht, mich von meinen
Aussichtsplattformen fernzuhalten und ja, wenn ich höre, dass sie im
Anmarsch sind, sehe ich zu, dass ich schleunigst von eben jenen
Emporen - sie nennen es “Tisch” oder “Küche” - herabgleite …
leider gelingt das nicht immer in voller Eleganz und leider auch nicht
immer schnell genug. Zudem fällt auch oft der Satz: “Komm aus dem
Schrank raus.” Ich weiß allerdings nicht, wie sie es immer wieder
schaffen, diese Wände einfach so aus dem Weg zu räumen und im nächsten
Moment wieder erscheinen zu lassen …
Manchmal denke ich, dass es schon praktisch wäre, größer zu sein.
Aber in einem diese Schränke wohnt ER!
ER ist wesentlich größer als ich, hat ein beängstigend großes Maul und
SEIN Fell ist stumpf und hat die Farbe der einen Pflanze, mit der ich
so gerne spiele, aber eigentlich nicht essen soll … verstehe einer
meine Familie. Auf jeden Fall ist ER auch ganz kalt und bewegen kann
ER sich von selbst auch kaum. Deswegen fiel ER mir beim ersten Mal
wohl auch kaum auf beziehungsweise schenkte ich IHM bei unserer ersten
Begegnung keine große Beachtung. ER stand einfach da in SEINEM
Schrank … regte sich überhaupt nicht. Ich hingegen war neugierig, was
dieser Schrank hinter der beweglichen Wand zu bieten hatte. Zu meiner
Enttäuschung konnte ich nur die erste Etage SEINER Behausung erkunden,
da die restlichen viel zu hoch für mich lagen.
Also machte ich mich auf und untersuchte alles ausgiebig, lief IHM
sogar über das übergroße Maul. Doch all das schien IHN in keinster
Weise zu stören. ER blieb regungslos. SEINE Behausung war auch recht
öde eingerichtet: Sehen konnte ich nur einen Stock mit Borsten, an dem
man sich wunderbar reiben konnte und ein Stock unter der nächsten
Etage, die aber horizontal angebracht war und von der etwas hing, das
mich an das Gerät erinnert, mit dem meine Familie meine Toilette
säubert. Aber ehe ich mich danach recken konnte, ertönte hinter mir
wieder der so oft gehörte Satz “Komm aus dem Schrank raus.” und einer
leichten Aufforderung mit einer kahlen Pfote leistete ich Folge und
somit verlief mein erstes Treffen mit IHM doch recht harmlos, wie ich
finde.
Es gab noch zwei weitere Gelegenheiten für mich, SEINE Behausung zu
erkunden, doch außer einem etwas trockenem Geruch, der in meiner Nase
für ein Kribbeln sorgte, änderte sich nichts.
Doch dann, eines Tages war ER verschwunden! Die Wand zu SEINEM Zuhause
ist nicht wie die meisten unserer Wände, man kann etwas hindurch
schauen und Umrisse des Inneren erkennen. Deswegen wusste ich, dass ER
nicht mehr da war. Aber weshalb ich eigentlich die Treppen nach oben
gestürmt war, waren seltsame Geräusche. Laute, scheppernde Geräusche.
Meine Familie war auch nicht bei mir unten sondern auf dem gemütlichen
Sofa, das wir uns abends gerne teilten. Nur weil ich wusste, dass sie
dort war, hatte ich mich kurz nach unten verdrückt, um nachzuschauen,
ob mein Teller nicht doch wieder gefüllt war und ich es nicht
mitbekommen hatte.
Das Erste, was mir also nach meinem waghalsigem Treppenspurt auffiel,
war die durchsichtige Wand, die offen stand … und die durchsichtige
Wand zu SEINEM Zuhause zeigte nicht mehr SEINE Umrisse. Ich war
vorsichtig. Immerhin hatte ich aber einen Vorteil IHM gegenüber: Ich
wusste, dass ER seine Behausung verlassen hatte; ER hingegen wusste
nicht, dass ich nicht mehr unten war. Also schlich ich geduckt zur
nächsten sich öffnenden Wand. Im Gegensatz zu den anderen Wänden kann
ich diese auch öffnen, ohne dass sie einen Spalt offen steht. Und
genau das tat ich auch. Allerdings nur ein keines Stückchen, um einen
Blick dahinter zu werfen.
Was ich erblickte, das verschlug mir fast den Atem, ich war wie
gelähmt und verharrte erst einmal in meiner Position:
ER stand da. Mitten vor unserem Sofa. Hinter IHM zog sich ein dickes
Band, dass kurz neben mir in der Wand verschwand. Doch das schlimmste
war, dass ER an SEINEM oberen Ende unserer ältestes Familienmitglieder
hatte!
Ich hatte nur kurz Zeit, diesen Eindruck wirken zu lassen und
versuchte auch, das Ganze irgendwie zu analysieren, denn eines war
klar: ER hatte meine Familie in seiner Gewalt! Einen Teil an SEINEM …
Hintern, den anderen auf unserem Sofa! Ich musste also handeln. Doch
noch während ich hörte, wie sich mein Gehirn bemühte, eine Lösung für
unsere scheinbar aussichtslose Lage zu finden, ertönte ein
ohrenbetäubender Lärm, der mich erst mal die Flucht ergreifen ließ.
Ich muss gestehen, ich habe meine Familie im Stich gelassen und ich
dachte wirklich, ich würde sie nie wieder sehen und auch mich würde ER
irgendwann schnappen und sich einverleiben.
Mir blieb nichts anderes übrig, als unter unserem Schlafplatz
auszuharren, bis das Dröhnen nachgelassen hatte. Ich vermutete, dass
ER SEINE Mahlzeit beendet hatte. Nach kurzer Ruhe vernahm ich wieder
dieses laute, scheppernde Geräusch, dann das Geräusch, dass SEINE Wand
machte, wenn sie sich schloss, und dann nur noch leise Schritte.
Ich war verwirrt … hatte ER oben etwa alles erledigt, mich vergessen
und war jetzt wieder in SEINER Behausung, um sich wieder in SEINEN
Dauerschlaf zu begeben?
Kennt ihr das Sprichwort: “Neugier ist der Katze Tod.”? Ja? Verdammt,
wie ich das bereuen würde, aber ich musste einfach nachsehen. Ich
musste, es ging hier schließlich um meine Familie! Also schlich ich
wieder nach oben, pirschte mich durch die erste Wand … und die Wand,
die IHN und SEINE Behausung von unserem Abendplatz trennte, war da und
es gab kein Durchkommen. Ich verrenkte mich, um zu SEINER Behausung
schauen zu können … und ER war wirklich wieder dort. Als ob nie etwas
gewesen wäre! Ebenso vorsichtig, wie ich nach oben gekommen war,
pirschte ich mich an die Wand zu unserem Abendplatz. Sie war leicht
geöffnet, sodass ich mich nicht sonderlich anstrengen musste, sie zur
Seite zu schieben.
Was ich dort sah, verwirrte mich noch mehr: Meine Familie hatte SEINEN
Angriff überstanden! Unbeschadet!
Sofort kam ich zu jedem und untersuchte sie. Doch wirklich, ihnen
fehlte nichts. Ich war mehr als erleichtert und kuschelte mich erst
mal ein, um mich ausgiebig zu putzen.
Wenn ich so darüber nachdenke, lag wieder dieses Geruch in der Luft,
der in der Nase kitzelte. Doch meine Familie hatte den Angriff
überlebt, ER war wieder in SEINER Behausung und schlief. Also konnte
ich mich für den Moment zufrieden zurücklehnen und entspannen.
Allerdings sollte ER gewarnt sein: Das nächste Mal wird es IHM nicht
gelingen, mich so einfach in die Flucht zu jagen. Vielleicht werde ich
IHN auch einfach im Schlaf überraschen?
Ich muss aber gestehen, auch die nächsten Male, die ER aus SEINER Behausung kam, änderte sich nichts an meiner Reaktion auf IHM. Zwar verkroch ich mich nicht mehr unter unserem Schlafplatz, doch weiter als vor die Wand traute ich mich nicht an IHN ran, wenn ER da vor unserem Abendplatz Kontrolle über eines meiner Familienmitglieder übernahm und es dazu brachte, SEIN riesiges Maul über den Boden zu schieben. Doch ich beobachtete IHN. Und das genauestens. Irgendwo muss ER eine Schwachstelle haben, die ich auch noch finden werde.
Mir bleibt es aber immer noch ein Rätsel, wie meine Familie mit solch einem Ungetüm unter einem Dach wohnen und auch bei seinem tosendem Lärm so ruhig bleiben kann. Wenn ich dann aber daran denke, dass unser ältestes Familienmitglied vergleichbar mit mir und IHM die Flucht ergreift, wenn Beute erscheint, muss ich sagen, dass wir uns eigentlich gar nicht so sehr voneinander unterscheiden. Tja, Familie eben.
Beitraginfos
2015-01-05, 14:23:44
2020-07-15, 00:51:39
Jack
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