Block > Wie ich vegan wurde …

 8 min (1590 Wörter, 9127 Zeichen)

Zu meiner Vorgeschichte: Ich habe frueher soweit ich mich erinnere jeden Tag Fleisch (in jeglicher Art und Weise) gegessen. Kaese hat mir damals ueberhaupt nicht geschmeckt, jedenfalls nicht pur auf dem Brot, sondern nur als Pizzabelag oder zum Ueberbacken. Milch (mit/ohne Kakao) hab ich jeden Morgen getrunken, enthielt die doch nur gesunde Sachen. Mein ueblicher Tag bestand aus Toast mit Nutella zum Fruehstueck, Brot mit Wurst als Pausensnack in der Schule, gekochtes Essen von meiner Mutter zum Mittagessen, Chips/Schokolade/Gummibaerchen etc. (nicht jeden Tag) so zwischendurch und abends wieder Brot mit Wurst. Sonntags gabs das obligatorische Fruehstuecksei mit Salz und Maggi Wuerze. Getrunken natuerlich vorwiegend “verbotene” Sachen der Coca-Cola-Company. Freitags (nach der Probe (ich war im oertlichen Musikverein)) gabs wahlweise Kebab, Pizza oder Essen von McDonalds. Natuerlich mit ordentlich Alkohol.

Als meine damals beste Freundin Vegetarierin wurde (aus Ekel), habe ich sie verspottet, so wie alle anderen auch. O-Ton: “Vegetarier koennte ich nie werden!”. In der Schule hab ich mich mit Leuten ueber “Oekos” und andere Minderheiten lustig gemacht.

Kurz: Ich hab mich verhalten wie ein Idiot. Ein Mitlaeufer eben.

Durch Klassenwechsel und Kennenlernen von eher alternativen Menschen (politisch wie musikalisch) wurde ich kritischer. Coca-Cola hab ich boykottiert, Maggi und Salz verschwanden aus dem Sonntagsei (zu hohe Cholesterinwerte und Boykott von Nestlé).
In meinem Freundeskreis gab es einen Vegetarier. Ich konnte das immer noch nicht: “Es schmeckt doch so gut?!”.

Nach einem Iron Maiden Konzert gingen wir (2 Vegetarier und 3 Omnis (inkl. mir)) zu einem McDonalds, weil nix anderes mehr aufhatte. Waehrend die Vegetarier nix anderes als Salat essen konnten und ich noch ueberlegte, einfach aus Solidaritaet mitzuessen, holte ich mir doch einen Burger. Schon mit schlechtem Gewissen.

Der Wandel kam dann ganz zufaellig.

Am 18.01.2007 sahen wir uns im Religionsunterricht den Film “Fleisch frisst Menschen ” an. Hier gibt es eine Zusammenfassung. Beachtenswert ist die Tatsache, dass der Film damals schon ueber 20 Jahre alt war …

Ich war schockiert und entsetzt, war ich doch durch meinen Fleischkonsum mitschuldig am Hunger in der Welt und u.a. der Bodenzerstoerung. Gut, dass wir genau das gerade in Erdkunde/Biologie durchgenommen hatten (Boeden sind Grundlage fuer alles und damit essentiell wichtig sowie die Ineffizienz in Nahrungsketten ).
Allein der Fakt mit der Ineffizienz (Bei einer Nahrungskette der Laenge 3 nimmt der Konsument dritter Ordnung nur noch 0,1% der urspruenglichen Biomasse auf (bei einem Verlust von 10%)) ist sehr bedenklich fuer mich gewesen. Leider gab es nur eine Person, die daraufhin etwas geaendert hat: ich. O-Toene: “Jetzt erst mal ein Schnitzel!” und “Nach einem Schlachthausbesuch wuerd ich zuerst mal ein Lyoner essen!”. Noch am selben Abend setzte ich mich an den PC und recherchierte. Lange.

Am naechsten Morgen war ich Vegetarier. Mangels Alternative hatte ich mir morgens Kaese aufs Brot gelegt. Mit viel Paprikapulver. Und verkuendete es direkt jeder Person, die es hoeren wollte.

Mittags am Essenstisch dann verkuendete ich es auch meinen Eltern: “Ich bin nun Vegetarier!” und hab die Beilagen gegessen. O-Ton von meinem Vater: “Warte mal, bis es Sommer wird und die Grillsaison beginnt!” Meine Mutter war nicht sonderlich begeistert.

Genau einmal danach habe ich nochmal wissentlich Fleisch gegessen: Fischstaebchen bei meiner Nachhilfeschuelerin. Mit einer total schwachsinnigen Begruendung.

Ansonsten blieb ich dabei. Es fiel mir erstaunlicherweise ueberhaupt nicht schwer, Fleisch nahm ich einfach nicht mehr wahr. Und das Essen bei meinen Eltern widerte mich immer mehr an, zumal ich manchmal noch Fleisch aus meinem Essen pulen musste.

Ebenso hatte ich mir noch weitere Dokumentationen, darunter z.B. Earthlings angesehen. Die hielten mich davon ab, Fleisch als Lebensmittel anzusehen.

Ich fuehlte mich jedenfalls wie ein Superheld, da ich doch nun keinem Tier mehr schadete. Deswegen verzichtete ich auch auf Gummibaerchen wegen der darin enthaltenden Gelatine. Nur selten dachte ich daran, wie langweilig das werden koennte mit nie mehr Fleisch. Doch die Ueberzeugung hatte immer die Ueberhand. Hinzu kamen zu oekologischen und sozialen Gruenden fuer meinen Vegetarismus nun auch philosophische/ethische: “Tiere sind meine Freunde” und stehen damit mit mir auf einer Stufe. Durch Nichtwissen bemerkte ich aber ueberhaupt nicht die daraus resultierende Inkonsequenz .

Schade fand ich in der Schule, dass so wenige Menschen mitzogen. Nicht mal mein Religionslehrer, bei dem wir den Film sahen, lebte vegetarisch. Selbst als ich in der letzten Religionsarbeit ethisch begruendet hatte, vegetarisch zu leben geschah nix. Und auch bei meiner Deutschlehrerin, die engagierte Katholikin war, konnte ich nix erreichen.
Selbst meine Freunde konnte ich nicht wirklich ueberzeugen und bei den wenigen Ueberzeugten scheiterte es teilweise an Eisenmangel und dergleichen.

Gluecklicherweise zog ich ein Semester nach Studienbeginn um.

Am Anfang bestand mein Essen (ich konnte fast nicht kochen, hatte es ja nie wirklich gelernt) aus Toast (mit Aufstrichen oder Tomate-Mozzarella), Tuetensuppen (Tomate, Spargel) und Fertiggerichten (vor allem mit Kaese).

Aber immerhin alles aus dem REWE, da ich damals schon Aldi und Lidl boykottierte.

Fertiggerichte konnte ich zusammenwuerfeln, also z.B. Gnocchi mit Pilz-Paprika-Gulasch oder Nudeln mit Tomatensosse. Brotei gab es auch oefters mal.

Damals war daher der Konsum von Eiern (ich hab sogar die fertig gekochten gekauft …) und Milchprodukten ziemlich hoch. Ich musste mich ja durchprobieren.

Irgendwann fing ich dann doch mal an zu kochen, nachdem ich mit einem Freund etwas leckeres gekocht hatte. Danach folgten noch ein paar weitere Rezepte (und noch mehr ), die immer besser wurden 😊

Nachdem mir die Kuhmilch einmal zu oft schlecht geworden war, suchte ich nach einer Alternative und fand sie in Form von Sojamilch. Ich war begeistert. Eine Milch, die sich lange haelt (zu wie offen) und noch gut schmecht.

Mein Muesli hab ich seitdem nur noch damit gegessen.
Daneben ging mein Konsum von Fertigprodukten immer hoeher, insbesondere Pizza. Ich hatte damals in einer Woche mindestens zweimal TK-Pizza gegessen …

Ich erinnere mich noch an ein Gespraech (Ich zu anderem Vegetarier):

“Ich koennte mich niemals vegan ernaehren. Da fehlt mir ja der Kaese. Und ich koennte nicht wirklich auswaerts essen gehen. Und erst recht nicht in der Mensa.”

Da wusste ich also schon so grob, was vegan ist. Genauere Details weiss ich leider nicht mehr. Nur noch ein paar Ausloeser, die letztendlich zu meinem Veganismus fuehrten:

Diese Ausloeser fuehrten dann am 16.05.2011 dazu, dass ich mich mal einen kompletten Tag hinsetzte und mir alle Informationen ueber Veganismus durchlas.

Am Abend war ich geschockt. Again.

Auch fuer Milch und Eier muessen Tiere sterben. Und sogar noch schlimmer leiden. Wozu?

Ich konnte keinen einzigen plausiblen Grund dafuer finden (Tradition und Geschmack sind nicht plausibel!).

Also stand es fest: ich werde vegan. Durch die Schwierigkeit Faulheit, in der Mensa und auswaerts vegan zu essen, wollte ich zunaechst mal zuhause vegan leben. Und dort erstmal alles aufessen, was ich nicht weggeben konnte (denn wegwerfen ist keine Option).

Am 19.05.2011 schliesslich konfrontierte ich meinen Vater damit.
Ich hatte super viele Informationen ausgedruckt (u.a. von Peta), die ich meinen Eltern geben wollte. Meinem Vater erzaehlte ich es zuerst, meiner Mutter wollte ich es nach dem Essen sagen (wir waren zum Essen im Restaurant, da mein Bruder Geburtstag hatte). Mein Vater nahm es an. Nicht gluecklich, aber ok.

Im Restaurant dann lehnte ich den Joghurt-Dip zum Brot ab. Meine Mutter schoepfte Verdacht und fragte: “Du bist jetzt nicht vegan, oder?!” …
Nach meiner Bejahung war das Essen gelaufen … 😕

Ich liess die Informationen bei meiner Familie. Nach ein paar Wochen kam ich wieder und es war ok. Nicht gut, aber meine Mutter begann, sich damit auseinander zu setzen und kochte - wenn ich da war - vegan.
Danke! 😊

Nach ziemlich vielen unveganen Tagen (sogar noch einmal eine TK-Pizza) folgte am 01.06. der erste vegane Tag. Darauf folgten nochmal viele unvegane, da ich immer noch Reste hatte …

Am 21.06. zog ich dann den Schlussstrich. Nun gab es auch keine vegetarischen Ausnahmen mehr. Inkonsequenz adé! 😊

Im Juli war ich dann zum ersten Mal zum Vegi-Stammtisch gegangen und hab ein paar nette Leute kennen gelernt (auch ein paar Veganer*innen).

Ja, und dann folgte die Zeit der Aenderungen 😉

Ich fing an, nur noch Bioprodukte zu kaufen. Zuerst im BioMarkt, dann fast nur noch im kleinen Naturkostladen um die Ecke. Wenn moeglich habe ich auch faire Produkte gekauft (insb. bei Gewuerzen, Schokolade), und begonnen alles auf vegan, fair & bio umzustellen. Alle Dinge im Bad und in der Kueche wie Putzmittel und Kosmetik sind nun vegan. Und auch wenn ich Kleidung kaufe ist bzw. sollte auch diese vegan, fair & bio sein.

Zusaetzlich zur (genaueren) Einhaltung der moralischen Integritaet und damit einem “inneren Frieden” beguenstigte meine vegane Lebensweise auch die Gesundheit:

Also: Awesome!

Und auch ansonsten: Awesome!
Ich bin immer noch erstaunt, wie leicht mir das alles faellt. Und wie krass geil die vegane Kueche ist. Vielfaeltig ohne Ende! Ich habe ca. 7325345 neue Obst- und Gemuesesorten kennen gelernt, von deren Existenz ich vorher nicht mal wusste.
Insgesamt finde ich die vegane Kueche um Welten kreativer und abwechslungsreicher als die Standard-omnviore.

Ich denke, damit habe ich ausreichend erklaert, wie mein Weg zum Veganismus statt gefunden hat.

Die Aenderungsphase ist uebrigens noch nicht abgeschlossen, aber das wuerde nun den Rahmen sprengen 😉

Also: Traut euch, werdet vegan!
Fuer euch und die Umwelt (Lebewesen + Umfeld/Natur)!


 Free your phone!

Beitraginfos

 2013-11-24, 21:42:30
 2024-03-10, 19:01:35
  vegan
 Permalink

Ähnliche Beiträge